Historie
Die Anfang 1987 gegründete und im September 1989 eröffnete Phantastische Bibliothek Wetzlar, die mittlerweile die weltweit größte öffentlich zugängliche phantastische Bibliothek ist, sammelt alles, was in den phantastischen Literaturgenres Science Fiction, Fantasy, klassische Phantastik, Horror, Utopie, Reise- und Abenteuerliteratur, Märchen, Sagen und Mythen in deutscher Sprache erschienen ist, einschließlich der entsprechenden Sekundärliteratur.
Die Bibliothek nimmt nicht nur gebundene Bücher, sondern auch Taschenbücher, Heftromane, Zeitschriften, Eigendrucke (Dissertationen), Zeitungsausschnitte und Autorenarchive auf, die sie für wissenschaftliche und publizistische Zwecke in einem Präsenzbestand zur Verfügung stellt.
Da die beiden anfangs nur als Provisorium gedachten Räume im Haus Domplatz 7 sowie die Lagermöglichkeiten in zwei benachbarten Gebäuden sehr rasch viel zu beengt waren, ist die Phantastische Bibliothek im Sommer 1996 zum Friedrich-Ebert-Platz in das Gebäude einer ehemaligen Druckerei umgezogen. Da sich auch dieses dreistöckige Haus nach zehn Jahren für den stetig angewachsenen Bestand und die zahlreichen Veranstaltungen als zu klein erwiesen hat, hat das Land Hessen im Jahr 2006 der Phantastischen Bibliothek mit der Liegenschaft Turmstraße 20 (dem ehemaligen Staatsbauamt) ein sehr repräsentatives Gebäude mit einer Nutzfläche von 1.500 qm zur Verfügung gestellt. Es besitzt die Vorzüge einer ruhigen Lage am Rande der Altstadt, mit Parkplätzen vor, neben und hinter dem Haus, sowie der Möglichkeit, in diesem Haus den gesamten Buchbestand aufzustellen und endlich auch die notwendigen Arbeitsplätze für die Nutzer bereitstellen zu können. Hier ist ausreichend Platz für kleine und große Veranstaltungen wie Lesungen, Seminare, Workshops und Ausstellungen geschaffen worden. Auf fünf Stockwerken sind die Buchbestände in Freihandaufstellung zugänglich. Allein die wertvollen Bücher und bibliophilen Ausgaben sind in einem abgetrennten Raum aufgestellt und nur unter Aufsicht nutzbar. Zwischen den Regalen sind multifunktional Einzelarbeitsplätze geschaffen; die Räume mit der Sekundärliteratur verfügen über zusätzliche Arbeitsgelegenheiten. In mehreren eigenen Seminarräumen kann nach Voranmeldung auch Gruppenarbeit vorgenommen werden.
Die Bibliothek hat eine Kultur-, Bildungs- und Wissenschaftsstätte geschaffen, die der Begegnung zwischen traditioneller und moderner Literatur dient und die zeigt, was mit Phantasie erreicht werden kann. Das Veranstaltungsangebot der Bibliothek ist bewusst sehr vielfältig und umfangreich angelegt: neben Lesungen und Diskussionsabenden finden hier Universitätsseminare zu phantastischen Texten statt, und auch Schulen nutzen regelmäßig die Möglichkeit, Gruppenunterricht in der Bibliothek zu halten und dabei auf die benötigte Literatur unmittelbar zuzugreifen.
Der gesamte Buchbestand beträgt derzeit über 300.000 Titel. Darin sind einige Spezialsammlungen enthalten, wie etwa der komplette Bestand der utopisch-phantastischen Literatur der ehemaligen DDR, die documenta-Sammlung aus dem Orwell-Jahr 1984, Raritäten aus dem Bereich der klassischen deutschsprachigen Phantastik und der Reise- und Abenteuerliteratur, außerdem ein Spezialbestand mit aktueller pädagogischer Fachliteratur zu Sprache und Literacy. Darüber hinaus ist Platz geschaffen, um Autorenarchive pflegen zu können.
Die Titel entstammen zum größten Teil Spenden und Nachlässen – die Bibliothek ist zur Erweiterung und Pflege ihrer Bestände auch weiterhin an Buchspenden interessiert, für die steuerlich absetzbare Spendenbescheinigungen ausgestellt werden dürfen.
Der größte Teil der Bücher ist innerhalb der Region Mittelhessen ausleihbar. Fernleihe ist allerdings nicht möglich, außerdem sind bestimmte wertvolle Bestände, Lexika und Sekundärliteratur nicht entleihbar, da damit vor Ort gearbeitet wird.
Die Phantastische Bibliothek kooperiert in ihrer Arbeit mit zahlreichen Universitäten und Literaturgesellschaften, sie ist in der Lehrerfortbildung und Lehrerausbildung tätig, veranstaltet wissenschaftliche Tagungen, Seminare und Ausstellungen und steht jedermann zur Verfügung. Die Bibliothek führt eigene Forschungsprojekte durch, betätigt sich im Rahmen von Auftragsforschung mit der Entwicklung von Zukunftsszenarien (»Verkehrssysteme der Zukunft«, »Future Life«) und ist auch als Dienstleister für Verlage tätig.
Im der Bibliothek angegliederten Zentrum für Literatur werden im Auftrag der Hessischen Landesregierung besonders begabte wie auch schwächere Schüler gefördert, das Programm reicht von Leseförderung im Kindergarten und in der Grundschule bis zu einem »Forum Sprache und Literacy«: der besondere Schwerpunkt liegt hier in der Fortbildung von Lehrern und Erziehern in den Kernbereichen Lese-, Literatur- und Sprachförderung. Darüber hinaus wird das eigens entwickelte einmalige Projekt »Vorlesen in Familien« durchgeführt.
Die Bibliothek gibt eine eigene literaturwissenschaftliche sowie eine eigene pädagogische Schriftenreihe heraus, und Bibliotheksmitarbeiter haben Lehraufträge an benachbarten Universitäten.
Die Phantastische Bibliothek wurde anfangs gemeinsam getragen vom Magistrat der Stadt Wetzlar, vom Förderkreis Phantastik und der Phantastik-Stiftung. Anfang 2006 wurde aus privatem Kapital eine Trägerstiftung errichtet, die seitdem die Bibliothek besitzt, verwaltet und weiterentwickelt.