Phantastikpreis 2021
Katharina Köller erhält den Phantastikpreis 2021
Mit dem Phantastikpreis der Stadt Wetzlar wird der Roman Was ich im Wasser sah von Katharina Köller ausgezeichnet, 2020 in der Frankfurter Verlagsanstalt erschienen.
Die zehnköpfige Fachjury (bestehend aus Vertreter*innen aus Buchhandel, Verlagswesen, Bibliothek, Schule, Universität und Medien) hat am 30. Juni 2021 aus über 100 eingereichten Titeln Katharina Köllers Debütroman ausgewählt. Mit auf der Shortlist standen DAVE von Raphaela Edelbauer (Klett Cotta 2021) und Eines Menschen Flügel von Andreas Eschbach (Lübbe 2020).
Nach einer krebsbedingten Brustamputation kehrt die Protagonistin Klarissa auf ihre Heimatinsel zurück. Nicht nur sie hat sich verändert, auch auf Ei ist vieles anders: Immer mehr Menschen gehen fort, immer mehr gläserne Windräder prägen die Landschaft und seltsame rote „Zecken“ vermehren sich. Im Beziehungsgeflecht zwischen ihrem Vater, ihrer Ziehschwester und deren Freund versucht Klarissa in dieser Welt ihren eigenen Weg zu finden.
Katharina Köllers Debütroman behandelt mit Mitteln des magischen Realismus ein ernstes Lebensthema, ohne dass er sich in einfachen Botschaften verliert. Die Frage nach körperlicher Identität und Selbstbestimmtheit wird sensibel aufgegriffen: Der Verlust äußerlicher Merkmale eröffnet der Ich-Erzählerin die Möglichkeit, sich selbst neu zu definieren und nicht mehr durch die Blicke anderer auf ihre Brüste reduziert zu werden. Darüber hinaus ist Was ich im Wasser sah ein Buch voller – teilweise phantastischer – Metamorphosen: Menschen werden zu Wasserwesen, die Insel und ihre Bewohner verändern sich. Ganz in der Tradition des Todorovschen Phantastikbegriffs bleibt vieles in der Schwebe: Was ‚wirklich‘ geschieht und was nur dem Entschluss der Ich-Erzählerin entspringt, sich „keine fremde Realität aufpfropfen zu lassen“, lässt sich nicht immer eindeutig sagen. Und gerade durch diese Unbestimmtheit werden die Konflikte der Figuren und deren misslingende Kommunikation sehr plastisch und in ihrer ganzen Brutalität vor Augen geführt. Trotz der Themenvielfalt wirkt der Roman keineswegs überfrachtet, sondern bildet ein vielschichtiges Ganzes, das zum Wiederlesen und Entdecken einlädt.